Maibaum - ein urbayrischer Brauch?

Der Maibaum - ein urbayerisches Brauchtum?

Einer der bekanntesten Bräuche in Bayern ist das Maibaumstellen. Dabei kommt dieser eigentlich gar nicht aus Bayern - sondern wird ursprünglich bei den alten Germanen vermutet, die den Baum zur Verehrung verschiedener Waldgottheiten aufstellten. Wie so oft vermischte sich auch hier im Laufe der Zeit das heidnische mit dem christlichen Brauchtum und der Baum wurde immer mehr zum Pfingstbaum, später dann zum Mai- oder Marienbaum, der am 30. April oder 1. Mai aufgestellt wird. Erst seit dem 19. Jahrhundert gibt es den bei uns bekannten Ortsmaibaum und das dazugehörige Brauchtum, das sich oft innerhalb weniger Kilometer von Ort zu Ort stark unterscheidet.

So gibt es Maibäume mit Kranz, mit Tafeln, mit belassener Spitze, mit glattem, naturbelassenem oder weiß-blauem Stamm. Oder andernorts wiederum als Birke mit bunten Bändern, die nur den Mai über steht wohingegen andere Bäume länger stehen und nur alle paar Jahre neu aufgestellt werden.

Heutzutage ist das Maibaumaufstellen außer in Bayern im Rheinland, der Pfalz, im Saar- und Emsland, in Baden, Schwaben, Sachsen sowie in Österreich, Tschechien, der Slowakei und Slowenien üblich. Sogar die Westfalen und gar die Ostfriesen kennen den Brauch - noch weiter im Norden wird der Baum nicht im Mai, sondern zum Mittsommertag gestellt.

Fast überall wird das Aufstellen des Maibaumes allerdings mit einem Fest, mancherorts mit traditionellen Bänder- oder Volkstänzen oder der Wahl einer Maikönigin, andernorts mit Auftritten der örtlichen Trachtenvereinsjugend oder dem Maibaumkraxeln begangen und ist doch immer eine schöne Gelegenheit, gemütlich zusammenzukommen.

Auch das Stehlen und das mehr oder weniger lange Bewachen des Baumes ist ein weit verbreiteter Brauch, der sich allerdings auch von Ort zu Ort stark unterscheiden kann. Mal darf der Baum erst gestohlen werden, wenn er schon gefällt ist, andernorts bereits, wenn bekannt ist, welcher Baum es werden wird. Mal reicht zur Verteidigung eine Hand des Bewachers auf dem Baum oder das schiere Sichten des Diebes, mal wird förmlich gerauft zwischen Dieben und Bewachern. Die in aller Regel erfolgreichen Rückgabeverhandlungen gestalten sich dagegen allerorts meist feucht-fröhlich.

Nicht überall üblich ist der Brauch, dass junge Burschen einer Angebeteten in der Mainacht einen kleinen Maibaum stellen, verziert mit Tafeln oder Bändern. Auch dieser muss in der Nacht zum 1. Mai bewacht werden, am besten so, dass die junge Dame, die den Baum bekommt, nichts von der Bewachung mitbekommt. Meistens wird ein solcher Baum Ende des Monats wieder abgebaut und beschert dem Steller oft eine erste Verabredung.

 

Bräuche im bayerischen Inngau-Trachtenverband

Ein besonderer Brauch im unteren Inntal (und im bayerischen Wald) ist das Maibaumkraxeln. Dieses findet am Pfingstmontag statt. Junge Burschen bestreichen sich Hände und Füße mit einem Pechgemisch und kraxeln um die Wette den glatten Baumstamm hoch - wer am schnellsten am ersten Kranz ankommt, gewinnt. Hierbei wird nicht nur geradewegs nach oben gekraxelt, es gibt auch allerhand gewagte Akrobatik am Baum zu bewundern. Zu diesem Thema folgt ein separater Artikel zu Pfingsten.

Ganz anders im restlichen Inngau von Grafing bis Kiefersfelden, hier bleibt der Baum meist mehrere Jahre stehen und wird im festen Rhythmus (oder je nach Verwitterung des Baumes) nach intensiven Vorbereitungen aufgestellt.

Zunächst muss ein passender Baumspender und Baum gefunden werden, der Baum geschlagen, geschepst (von der Rinde befreit) und trocken gelagert werden. Meist wird er dann spiralförmig in den bayerischen Farben bemalt und die Maibaumtafeln, die die Zünfte und Vereine vor Ort abbilden, restauriert. Ab dann wird der Baum auch täglich bewacht, da der Baum ab dem Beginn des Herrichtens gestohlen werden darf. Diese Zeit erfreut sich trotz viel Arbeit bei den jungen Burschen (und mancherorts Dirndln) großer Beliebtheit, bietet sich doch reichlich Gelegenheit für den Genuss von Gerstensaft und lustige (wenn auch oft kalte) Abende.

Passt das Wetter wird der Baum meist auf einem Pferdegespann und mit Musik am 1. Mai von den Maibaumdieben zum Aufstellplatz im Dorf gefahren und dort mit reiner Muskelkraft unter Zuhilfenahme von Schwaiberln von vielen Burschen und Männern in stundenlanger Prozedur nach und nach aufgestellt. Schwaiberl sind zwei lange, mit einem Strick und spezieller Technik verbundene lange Hölzer, die zur Sicherung am unteren Ende auseinandergedrückt werden. Das erinnert von der Form an einen Schwalbenschwanz, daher der Name. Steht der Maibaum, wird dieser noch gesichert und mit den Zunfttafeln verziert.

Beim Maibaumfest, bei dem die Musikkapelle für Unterhaltung sorgt, treten meist zudem die örtliche Trachtenjugend, die Goaßlschnalzer und andere Dorfgruppen auf und viele Schaulustige feiern mit den Mitwirkenden bis spät in die Abendstunden das erfolgreiche Aufstellen.

 

Adelheid Bonnetsmüller & Johanna Gaar

Pressewarte bay. Inngau-Trachtenverband

 

 

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