Grußwort zur abgesagten Trachtenwallfahrt


Grußwort von Wallfahrtskurat Hans Schweiger
zur abgesagten Trachtenwallfahrt nach Birkenstein
Liebe Trachtlerinnen und Trachtler des Oberlandler Gauverbands!
Wie sollen wir mit der Tatsache umgehen, dass die diesjährige Trachtenwallfahrt nach Birkenstein
wegen Corona ausfallen muss? Sollen wir sie gedanklich abhaken? Ich denke nicht. Ich
schlage vor: Gehen wir gedanklich den Wallfahrtsweg vom Sportplatz der Mittelschule Fischbachau
nach Birkenstein hinauf! Stellen Sie sich also vor: am Christi Himmelfahrtstag, den 21.
Mai treffen in Fischbachau ab 8 Uhr nach und nach die Trachtler und Trachtlerinnen aus dem
gesamten Gau ein. Viele freuen sich darüber, altbekannte Gesichter wieder zu sehen und es
kommt zu kurzen Gesprächen. Dann um 9 Uhr ist die Aufstellung zur Wallfahrt: voran das Vortragskreuz
mit den Kirchenfahnen, der Altardienst und die Geistlichkeit, der Gauvorstand und
dann alle Trachtler/innen in Reih und Glied.
Es wird der Rosenkranz gebetet. Beim Rosenkranz, der ja ein meditatives Gebet ist, kommen viele
zum Nachdenken über Gott und die Welt. Darin besteht auch der Sinn einer Wallfahrt: sein
Leben im betenden Gehen überdenken und Gott neu anzuvertrauen. Ungefähr 2000 Menschen in
festlicher Tracht sind im Gebet vereint. Die Tracht relativiert bestehende Standesunterschiede.
Von außen kann man überhaupt nicht mehr erkennen, wer in der Gesellschaft welche Position
innehat. In der Tracht leuchtet die Würde auf, die allen Menschen gemeinsam ist. So erinnert die
Tracht auch an das Taufkleid, das jedem Neugetauften mit den Worten aufgelegt wird: „In der
Taufe bist du eine neue Schöpfung geworden und hast – wie die Schrift sagt – Christus angezogen.
Dieses weiße Gewand sei dir ein Zeichen für diese Würde.“
Bei der gemeinsamen Fußwallfahrt ist es wichtig, dass alle mit derselben Geschwindigkeit dahinschreiten.
Das funktioniert nur, wenn die Stärkeren auf die Schwächeren Rücksicht nehmen. Dies
erinnert mich an die neue Welle der Solidarität und der gegenseitigen Rücksichtnahme, die wir
zurzeit erleben dürfen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich dieser positive Trend in unserer Gesellschaft
auch über Corona hinaus fortsetzt. Was geschieht noch bei der Trachtenwallfahrt? Es wird
die Ebene gewechselt. Von Fischbachau Dorf bis Birkenstein sind ca. 80 Höhenmeter zu überwinden.
Gerade auf dem letzten Teilstück wird es besonders steil. Es hat schon seinen Sinn, warum
Birkenstein auf 850 Höhenmeter liegt. Durch das Sich-Hinaufbewegen bekommt man ein
wenig Distanz zu den Niederungen des Alltags. Oben angekommen vereinen sich alle Trachtengruppen
zu einer festlich gestalteten Eucharistiefeier. Das Thema dieses Tages ist vorgegeben: die
Himmelfahrt Christi.

In diesem Jahr ist das Evangelium nach Matthäus dran. Darin sagt Jesus der Auferstandene kurz
vor seinem Abschied zu seinen Jüngern: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“(Mt
28,20). Die Himmelfahrt Jesu bedeutet also keineswegs einen Abschied für immer, sondern das
Gegenteil: durch seine Rückkehr zum Vater hat der gekreuzigte und auferstandene Herr die für
seine irdische Zeit geltenden Grenzen von Raum und Zeit endgültig hinter sich gelassen. Seitdem
ist er überall gegenwärtig und wirksam. Das kann uns nur Kraft und Zuversicht geben.
Am Ende der Festmesse ist das Gedenken aller in den zwei Weltkriegen gefallenen und vermissten
Trachtler. Dieses Gebetsgedenken war ja 1923 der Anlass für die erste Wallfahrt nach Birkenstein.
Heute wird dieses Gedenken durch das Gebet für alle verstorbenen Mitglieder des Gauverbandes
ergänzt.
Nach dem Gottesdienst gehen noch viele Trachtler/innen in die Wallfahrtskapelle, um ihre persönlichen
Anliegen der Fürsprache der Muttergottes anzuvertrauen. Mit diesem Besuch in der
Kapelle geht der gottesdienstliche Teil der Wallfahrt zu Ende. Sie setzt sich fort in der Einkehr in
den Gasthäusern.
Liebe Trachtlerinnen und Trachtler!
In diesem Jahr hätten wir besonders dafür gebetet, dass unsere Welt so bald als möglich von der
Corona-Pandemie befreit wird. Dieses Gebet brauchen wir nicht abzusagen. Ich bitte Sie daher,
dass wir uns an Christi Himmelfahrt zu einer großen Gebetsgemeinschaft verbinden und das folgende
Gebet sprechen:
Allmächtiger, ewiger Gott,
von dir erhalten alle Geschöpfe Kraft, Sein und Leben.
Zu dir kommen wir, um deine Barmherzigkeit anzurufen,
da wir durch die Erfahrung der Corona-Pandemie,
die uns herausfordert und ängstigt, mehr denn je
die Zerbrechlichkeit der menschlichen Existenz erfahren.
Dir vertrauen wir die kranken und alten Menschen an.
Sei du bei ihnen und ihren Familien, wenn sie sich einsam und verlassen fühlen.
Hilf allen Gliedern der Gesellschaft, Verantwortung
zu übernehmen und untereinander solidarisch zu sein.
Stärke alle, die im Dienst an den Kranken bis an ihre Grenzen gehen.
Auf die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria,
die mit uns auch in schweren Zeiten auf dem Weg ist,
bitten wir dich:
Befreie uns von der Krankheit,
die unser Leben so stark beeinträchtigt und bedroht.
Auf dich vertrauen wir durch Christus, unseren Heiland und Herrn. Amen.
In der Hoffnung, dass wir uns nächstes Jahr an Christi Himmelfahrt gesund wieder sehen, sende
ich Ihnen allen herzliche Grüße!
Ihr Hans Schweiger, Wallfahrtskurat

Verena Assum
1. Pressewart
Oberlandler Gauverband

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